„Komm herein“ oder „Kommen Sie herein“?  Die Vor- und Nachteile des Duzens im Geschäftsleben

Noch vor einigen Jahren war es klar: In der Schweiz wurde jeder Mensch mit dem Eintritt in das Erwachsenenalter gesiezt. Nur Familienmitglieder und enge Freunde duzten sich. Aber bei der Arbeit oder im Geschäft mit der Kundschaft galt das Sie. Diese Regel hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr aufgeweicht. Ein Kulturwandel hat stattgefunden. Und auch die Unternehmenskultur hat sich verändert: In den meisten Firmen duzen sich Kolleginnen und Kollegen, und die Firmenleitung bietet ebenfalls oft das Du an. Doch ist das eigentlich in Ordnung? Welche Vor- und Nachteile hat das immer beliebter werdende Duzen? Und wann wäre das «Sie» empfehlenswert oder gar angebracht?


Woher kommt das Duzen im Business?

Zunächst stellt sich die Frage: Warum eigentlich ändert sich die Regel, sich im Geschäftsleben zu Duzen? Das hängt auch mit der aktuellen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zusammen: Das Siezen stammt ursprünglich aus Frankreich. Auch dort werden erwachsene Menschen bis heute gesiezt. In vielen anderen europäischen Ländern, zum Beispiel England, Schweden oder den Niederlanden gibt es diese Regelung nicht: Hier duzen sich alle Menschen, niemand sagt „Sie“. Indem wir durch die Globalisierung mit anderen Ländern wirtschaftlich eng zusammenarbeiten, prallen diese verschiedenen Mentalitäten aufeinander und werden zugunsten der Überzahl entschieden, nämlich der Länder, in denen sich alle Menschen duzen. 


  • Was sind die Vorteile vom Duzen?
    Wenn wir eine Person mit „Du“ ansprechen, bedeutet das immer noch, dass wir sie zu unserem Vertrauenskreis zählen. Das «Sie» ist in der Schweiz noch nicht abgeschafft, es hält sich im öffentlichen Raum, besonders beim Einkauf und in der Verwaltung.
  • Vertrauen
    Wenn also eine Chefin oder ein Chef die Angestellten duzt, bedeutet das: Ich vertraue euch. Ich weiss, dass ihr gute Arbeit leistet, und ohne euch würde ich das hier alles nicht schaffen.
  • Gemeinschaftsgeist
    Duzen bedeutet auch: Wir reden – wie Freunde – auf Augenhöhe miteinander. Auch das entspricht dem Zeitgeist: Die Hierarchien in den Betrieben haben sich gewandelt. Oft wird von „flachen Hierarchien“ gesprochen, was bedeutet: Die Leitung gibt nicht mehr wie früher alles vor, und die Angestellten müssen es ausführen. Stattdessen wird in einem respektvollen Geben und Nehmen miteinander kommuniziert. Um dies zu verdeutlichen, wird besonders in KMU mit wenigen Mitarbeitenden geduzt. Und das ist eine sehr schöne Geste! Dadurch wird deutlich: Wir müssen zusammenhalten und schaffen es nur dann, uns am Markt zu behaupten, wenn wir alle zusammenarbeiten!


Employer Branding: Duzen als Werbung

Manchmal bringt das Duzen auch marktstrategische Vorteile. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank, welche bereits im Jahr 2017 intern das flächendeckende Duzen eingeführt hat. «Die BLKB möchte sich mit der Du-Kultur als moderne Arbeitgeberin positionieren», erklärt Sprecherin Deborah Schwalm damals auf Anfrage einer Zeitung. Die Industriellen Werke Basel (IWB) beschreiten seit ein paar Monaten denselben Weg und haben vermutlich ähnliche Ziele im Visier.

Wo ist beim Duzen noch Vorsicht geboten?

Im Umgang mit Partnerfirmen und der öffentlichen Verwaltung ist es zunächst empfehlenswerter, das althergebrachte Sie zu verwenden. Laut Umfragen schätzen es knapp 40 Prozent der Schweizer nicht, bei einem ersten Kennenlernen ungefragt geduzt zu werden. Das Sie wird immer noch als ein Zeichen des Respekts und des höflichen Umgangs empfunden, auch wenn in der Unternehmenskommunikation mittlerweile das Du sehr schnell angeboten wird.

Zusammenfassend können wir also festhalten: Duzen in KMU ist mittlerweile fast der Standard, aber beim Kennenlernen ist das höfliche "Sie" nach wie vor die Massgabe und Regel.