In der Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckte der Brite Edward Colin Cherry ein Phänomen, das er als «Cocktailparty-Effekt» beschrieb. Als Kognitionswissenschaftler forschte er an den menschlichen Prozessen, die mit dem Erkennen und Wahrnehmen zu tun haben. Cherry erkannte, dass unsere Ohren in der Lage sind, selektiv zu hören. Das heisst, das menschliche Gehör kann aus einer Vielzahl von Gesprächen, die in einem geräuschvollen Raum geführt werden, ein Gespräch herausfiltern und diesem folgen.
Durch diese fokussierte Aufmerksamkeit – auch als intelligentes oder selektives Hören bezeichnet – können wir unseren Gehörsinn auf unser Gegenüber lenken. Andere Geräusche blenden wir dabei aus, sodass wir dem Gespräch problemlos folgen können. Zwar nimmt das Gehirn auch alle anderen Geräusche um uns herum auf. Doch bewertet es die Art, Lautstärke und Richtung der Geräusche und führt schliesslich eine Priorisierung durch. Dabei unterscheidet es zwischen wichtigen und nicht relevanten Lauten.
Auch wenn unser Gehirn andere Geräuschquellen und Stimmen ausblendet, sodass sie uns in der Konversation mit unserem Gegenüber nicht stören, nehmen wir sie doch im Hintergrund wahr. Denn spricht jemand anderes plötzlich unseren Namen aus, wechselt die selektive Wahrnehmung und damit unsere Aufmerksamkeit sofort in diese Richtung. Unser Gehör fokussiert auf die Stimme der Person, die den Namen ausgesprochen hat. Wir möchten wissen, was da über uns gesagt wird.
Vieles spielt sich unbewusst ab
Dass wir unser Gegenüber in einer geräuschvollen Umgebung selektiv und damit zwei- bis dreimal lauter wahrnehmen können als die Umgebungsgeräusche, setzt allerdings binaurales Hören voraus. Das heisst, wir müssen in der Lage sein, mit beiden Ohren gleichmässig zu hören. Menschen mit nur einem intakten Ohr können Störgeräusche nicht oder nur ungenügend ausblenden. Das kann im selben Masse auf Personen zutreffen, die auf Hörgeräte angewiesen sind.
Auch das Alter spielt beim selektiven Hören eine Rolle. Der Cocktailparty-Effekt nimmt mit nachlassendem Hörvermögen ab. Eine weitere Erkenntnis aus einschlägigen Untersuchungen: Männer sind besser in der Lage als Frauen, aus unterschiedlich lauten Geräuschquellen aus verschiedenen Richtungen eine bestimmte Quelle zu lokalisieren. Forscher:innen vermuten evolutionäre Gründe, denn die Urzeitmänner mussten beim Jagen über starke räumliche Wahrnehmungsfähigkeiten verfügen, sowohl in Bezug auf die Augen als auch die Ohren.
Die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden wecken
Auch im Geschäftsleben begegnen uns Phänomene wie der Cocktailparty-Effekt. Seien es Vorträge oder Meetings etc., nicht jede:r hört immer aufmerksam zu. Da können sich die Ohren von Teilnehmer:innen schon einmal für das fröhliche Vogelgezwitscher draussen vor den Fenstern entscheiden und die Stimme des Redners oder der Rednerin ausblenden. Insbesondere dann, wenn wir den Inhalt des Vortrags als irrelevant, unverständlich oder langweilig empfinden, werden andere Geräuschquellen attraktiver.
Wie aber können Sie beispielsweise als Führungskraft dafür sorgen, dass Ihre Mitarbeitenden Ihren Ausführungen mit Interesse zuhören? Nutzen Sie die Nennung des Namens als Signalwort: «Wie Herr Meier kürzlich erwähnte,...» Herr Meier wird Ihrem Vortrag von da an aufmerksam folgen. Halten Sie auch wiederkehrenden Augenkontakt zu den Zuhörer:innen und ziehen Sie damit deren Aufmerksamkeit auf sich.
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